Gute Storys, gutes Geschäft. Das ist ein Zusammenhang, den Jessica Lessin bereits in den Nullerjahren kennengelernt hat: Die heute 37-Jährige berichtete für das Wall Street Journal aus dem Silicon Valley über den Aufstieg von Apple, Google, Facebook oder Twitter.
Was die Tech- und Internetgiganten eint, ist die Einzigartigkeit ihrer Produkte, die Branchen revolutioniert haben. Lessin übertrug das Motto auf den Journalismus und schuf 2013 mit The Information ein Medium für Technologie und Investment, das sich von der Masse an klickgetriebenen Nachrichten abhob.
Premium-Qualitätsjournalismus gegen ,,snackable Content“
Tatsächlich war die vielleicht am besten vernetzte Techreporterin ihrer Zeit voraus. Das Geschäftsmodell, für das die New York Times heute als Goldstandard der Branche gefeiert wird, etablierte Lessin tatsächlich bereits vor acht Jahren – und zwar kompromisslos.
In einer Zeit der immer schnelleren und geräuschvolleren Kostenlos-News, die als „snackable Content“ für die sozialen Netzwerke massgeschneidert werden, setzte The Information den Kontrapunkt. Der Name war schließlich Programm: Die Information an sich – zumal die exklusive – ist ein Rohstoff, der kostet. Und zwar erheblich: 399 Dollar werden für das Jahres-Abo des Mediums fällig, das seinen zahlenden Lesern, zu denen Amazon-Chef Jeff Bezos, Laurene Powell oder James Murdoch gehören, intime Einblicke in die Welt von Apple, Facebook, Tesla, Uber & Co. verschafft.
Profitabel seit 2016, heute 20 Millionen Dollar Umsatz
Die Bezahlwette ging schneller auf als manche glitzernde Start-up-Story aus dem Silicon Valley: Bereits 2016 erreichte The Information die Gewinnzone. Das war gerade mal zweieinhalb Jahre nach der Gründung, in die Lessin Eigenkapital von weniger als einer Million Dollar investiert hatte.
Mehr noch: Im vergangenen Jahr fuhr das boomende Premium-Techportal Umsätze von 20 Millionen Dollar ein – wohlgemerkt in einer Zeit, in der einst hoch gewettete Kostenlos-Angebote wie Vice, Buzzfeed oder Mashable ihre Belegschaft zusammenstreichen, Büros schließen oder ihr Geschäft komplett verkaufen mussten.
Der Verlag erweiterte sein Angebot zudem um Podcasts, um ein deutlich günstigeres Premium-App-Angebot für die iPhone-Generation namens Tech Top 10, und um Online- und Offline-Events mit Star-CEOs wie Eric Schmidt oder Marissa Mayer, die von Werbekunden wie Accenture, Comcast oder Oracle gesponsert werden.
The Information: ,,Gute Storys, gutes Geschäft“
Nach Schätzungen der New York Times dürfte The Information im vergangenen Jahr die Marke von 40.000 zahlenden Abonnenten angepeilt oder erreicht haben – das wäre eine Verdopplung binnen nur 8 Monaten. Entsprechend befindet sich der Boutique-Techverlag, der inzwischen über 40 Mitarbeiter beschäftigt und Büros in San Francisco, Los Angeles, New York, Washington, Seattle und Hongkong besitzt, weiter auf Wachstumskurs.
Gerade erst im Januar twitterte Lessin, 2021 werde der Newsroom weiter massiv wachsen – inklusive Reporterstellen für die boomende Cloud- und Kryptoszene. Lessins offenes Erfolgsgeheimnis, das für alle eingerahmt in der Redaktion hängt, gibt der Tochter eines Wagnisfinanzierers recht: „Gute Storys, gutes Geschäft“.